- 424 Völker, Pflanzen und Tiere, Bergmassen und Gewässer mitarbeiten müssen, und die zum mystischen Urprinzip, zum geheimnisvollen göttlichen Willen hingravitiert. Diese mit großer Mannigfaltigkeit variierte und paraphrasierte Idee ist bei Bfezina jedoch kein lebloses philosophisches Schema, keine trockene Abstraktion, er verleiht ihr eine wundervolle poetische Schönheit, eine hochpriesterliche Weihe, einen berückenden künstlerischen Zauber. Auf Bfezinas erwähnte Sammlungen folgen noch» Vetry od p6Iu«, ~Stavitele chramll« und »Ruce~ (~Die Passatwinde«, 1897, ~Die Tempelbauen, 1899, und »Hände«, 1901, letztes Buch in gelungener deutscher Umdichtung von E. Saudek 1908, Wien); von Buch zu Buch wird seine Verskunst kraftvoller und satter; großartige Farbenvisionen und symphonische Rhythmengebilde strömen von Licht, Leben und Freude über; kühne, ganz eigenartige Metaphern gewinnen immer mehr an Schönheit, Plastik und innerer Bedeutung, so daß sie gleichzeitig die Sinne bezaubern und den Gedankenflug fördern; immer enger schließt sich Bfezinas prophetenhafter Stil, den ich mit dem erhabenen Pathos eines Stephan George vergleichen möchte, an seinen philosophischen Gedankengang, an seine ideelle Konstruktion an. Der Dichter hebt in transzendenter Synthese die Widersprüche und Antithesen des menschlichen Daseins auf; über das soziale Elend triumphiert sein unerschütterlicher Glaube an die allmähliche moralische Entwicklung der Menschheit; die Schmerzen und Sünden des Individuums gehen in der kosmischen Harmonie auf. Nur wenige Leser können ihm in die mystischen Sphären folgen, wo es keine Leidenschaft, kein Lachen, kein Weinen gibt. Auch der tiefsinnige Kommentar zu seinem Denken und Schaffen, welchen Bfezina in seiner Essaisammlung )Hudba pramem'i« (»Die Musik der Quellen«, 1903) gegeben hat, ist kein gemeinverständliches Werk; der philosophisch gebildete Leser wird in diesem glänzend geschriebenen Büchlein einige Grundsätze des modernen Intuitionismus entdecken, die als fruchtbare ästhetische Prinzipien angewendet werden. Ganz vereinsamt steht Bfezina in der cechischen Poesie; einzelne junge Dichter, die ihn geradezu vergöttern und jeder seiner Offenbarungen über Kunst und Leben andächtig lauschen, haben von ihm tiefgreifende Anregungen empfangen. Otakar Bfezina ist derjenige