13 Klassizismus, der älteren und jüngeren Romantik und des tendenziösen Realismus im großen und ganzen deutsch orientiert. Eine sowohl entscheidende als auch anhaltende Wendung vollzieht sich erst in den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, da Rieger auf dem Gebiete der Politik, die konsequent antideutsch bleibt, freundliche Beziehungen zu Frankreich sucht; da gelingt es den Anhängern der Lumirschule mit Vrchlicky an der Spitze die"cechische Poesie zu entdeutschen, zehn Jahre darauf entdeutscht Masaryk die cechische Philosophie, und wieder ein J ahrzehnt später entdeutscht Salda die cechische Ästhetik. Der radikale Anschluß der cechischen Poesie an die literarische Tradition Frankreichs gelang auf den ersten Wurf, obwohl dies der ganzen bisherigen Entwicklung widersprach und im poetischen Stile beinahe einer Revoltion gleichkam. Dieser Anschluß zeigte sich von festerem Bestande, als sein Urheber Vrchlicky selbst erwarten mochte; dagegen wurde und wird bis jetzt, trotz Vrchlickys und Zeyers Eintreten, die übrige literarische Kultur der Romanen nur mit Gleichgültigkeit aufgenommen. Wie einst die einseitige einflußreiche Vorherrschaft des Deutschen für die auf kulturelles Gleichgewicht bedachten Männer kränkend war, so fühlte man bald auch diese freiwillige Romanisierung als ein Hindernis der selbständigen Entwicklung, aber da sich die slavischen Literaturen trotz des lauten Pathos von seiten des politischen Slaventums nicht hinreichend wirksam erwiesen haben, suchte man ein Gegengewicht der anglo-amerikanischen Kultur, die sich einigemal verlor - als sich auf dem cechischen Boden die Stimme eines WicHf, Shakespeare, Milton, Shaftesbury, Byron vernehmen ließals gesund und anregend gezeigt hatte. Die Anknüpfungsversuche nach dieser Richtung hin, seit Sladek über Masaryk bis auf Karel Capek, vollzog sich nur ganz langsam und erst nach dem Weltkrieg, als auch Amerika in das Blickfeld der cechischen literarischen Welt getreten war, kann man von einer einigermaßen länger andauernden Beeinflussung sprechen. Doch darüber ein Urteil zu fällen, steht einem Historiker vorläufig nicht zu, da man eben mitten in einem noch nicht abgeschlossenen Prozesse steht. Wenn man unter der cechischen Literatur den Inbegrifsowohl der Kunstliteratur als auch der mündlichen Volkstradition versteht, ist ihr zeitliches und räumliches Ausmaß wirklich ein großes. Ihre Schriftdenkmäler, anfänglich nur Bruchstücke geringen Umfangs, kann man seit dem 12. Jh. verfolgen, und zwar auf einem Landgebiete, das infolge der Expansion des deutschen