- 442 demen cechischen Lyrik und Prosa gleichwertig wären. Um so willkommener überraschte das glückliche Debut des jungen Jaroslav Hilbert (geb. 1870), welcher in seiner )Vina« (~Die Schuld« 1896, deutsch von R. Saudek, Leipzig 1904), durch seine frische Technik, seinen anmutigen Dialog, seine leichte Handlungsführung und besonders durch seine zarte Zeichnung der Frauengestalten die schönsten Hoffnungen erregte. Auch ihn schlug der düstere Geist der Schwere später in seine Fesseln; schon Hilberts beiden nächsten, von Ibsen beeinflußten Problemstücke, die religiöse Tragödie )Pest« ()Die Faust«, 1898), und das krampfhafte, verworrene Psychodrama ~Psanci« (»Die Parias«, 1900), haben die Glanzseiten seines Erstlingswerkes eingebüßt. Danschafft Hilbert, welcher sich auch als männlicher, knapper Erzähler von herber Gr.öße erwiesen hat, ein großes ritterliches Schauspiel aus der Pfemyslidenzeit ~Zavis von Falkenstein« (1903), wo der durch Halek stümperhaft behandelte Stoff seine poetische Verklärung findet. In diesem kühnen Versuche um die Neubelebung des historischen Dramas bemüht sich Hilbert um großen monumentalen Stil, welcher zur dramatischen Synthese tendiert, alles Nebensächliche und Willkürliche zur Seite schiebt und gewaltige Persönlichkeiten aus tragischen Konflikten entstehen läßt. Hilbert ist nicht der einzige cechische Bühnendichter , welcher um diese neue Form des Dramas ringt. Der typische, mehrfach erwähnte Dekadent J i f i Kar ase k, früher ein peinlicher Zergliederer ganz undramatischer Seelenzustände, ist über das Märchendrama zur Tragödie des religiösen Übermenschentums )Apollonius von Tyana« (1905) und zum düster wollüstigen Renaissancedrama ~Cesare Borgiac (1908) gelangt. Ebenfalls findet man in den letzten Stücken, namentlich in dem tiefen »Tristan~ des Jaroslav Maria Mayer (geb. 1870), eines ehemaligen Ibsenisten und Dichters der modernen Frauenseele, bedeutende Ansätze zur heroischen Tragödie. Auch die beiden Schauspiele des männlichen und anspruchsvollen Ar nos t Dvofak (geb. 1880), der kraftstrotzende ~Knize« (~Der Fürste, 1908), aus Böhmens heldenhafter Vorzeit und der manchmal lyrische, öfters aber nur dekorative ~König Wenzel IV.« (1910) aus der Vorgeschichte des Hussitentums, versprechen ganz Großes auf dem Gebiete der symbolischen Deutung der tragischen Menschengeschicke. Weder Hilbert noch Dvofak, weder Mayer